Schulgesetzentwurf: Elternverband befürchtet regionale Zersplitterung
Offener Brief der LAG Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen NRW an Schulminsterin Sylvia Löhrmann
Zum Referentenentwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes (Inklusion) schreibt der Elternverband LAG Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen NRW e.V. in einem offenen Brief an Schulministerin Löhrmann:
Sehr geehrte Frau Ministerin Löhrmann,
mehrfach haben wir in den vergangenen Monaten darauf hingewiesen, dass die in Art. 4 Abs. 3 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorgeschriebene Beteiligung der Betroffene und der sie vertretenden Organisationen bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten in NRW bisher so gut wie nicht erfolgt ist.
Nun wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt, indem ein fertig formulierter Gesetzentwurf der Öffentlichkeit präsentiert wurde, ohne dass die Betroffenen hierzu vorher auch nur eine inhaltliche Information erhalten haben.
In der laufenden Legislaturperiode wurden wir, obwohl einziger Inklusions-Fachverband der Selbsthilfe, überhaupt nicht mehr in die schulpolitischen Planungen einbezogen. Das spiegelt sich deutlich im Ergebnis: statt eines Entwurfes, der eine klaren Plan zur Gestaltung einer inklusiven Schullandschaft erkennen lässt, präsentieren Sie ein Stückwerk, das, abhängig von den Handelnden und der Finanzlage vor Ort, Raum für alles oder nichts bietet.
Wir freuen uns, dass die allgemeine Schule zum selbstverständlichen Förderort für alle Kinder werden soll - einen Rechtsanspruch erhalten unsere Kinder allerdings nicht. Mit dem Ressourcenvorbehalt können sie nach wie vor zwangsweise zur sogenannten "Förderschule" verwiesen werden.
Das die Ressourcen nicht ausreichen werden, um zwei Systeme parallel zu erhalten, ist gutachterlich festgestellt. Wer nicht das Glück hat, gerade in die erste oder fünfte Klasse eingeschult zu werden, dessen Recht auf eine inklusive Schule wird einfach ingnoriert.
Mit der angekündigten Präsentation Ihres Referentenentwurfes vor der Verbändeanhörung im Rahmen des "Gesprächskreises Inklusion" werden Sie den Anforderungen der UN-BRK nicht gerecht. In diesem Gesprächskreis findet die Information der wenigen wirklichen Betroffenen-Verbände gemeinsam mit allen anderen Elternverbänden sowie Lehrerverbänden und kommunalen Spitzenverbänden statt, die alle eigene Interessen meist jenseits der UN-Behindertenrechtskonvention vertreten. Eine angemessene Beteiligung ist schon aufgrund der bloßen Zahl der Anwesenden nicht möglich. Die in der UN-BRK vorgeschriebe besondere Beteiligung der Betroffenen muss in Art und Umfang deutlich über eine solche Veranstaltung hinaus gehen.
Wir erwarten, dass Sie Ihre völkerrechtliche Verpflichtung zur Beteiligung der Betroffenen und der sie vertretenden Organisationen endlich ernst nehmen und jetzt den Dialog mit den Eltern betroffener Kinder, die um gleichberechtigte Teilhabe kämpfen müssen, in geeigneter Form aufnehmen.
Mit freundlichem Gruß
Bernd Kochanek, Ulrike Hüppe, Michael Baumeister
Vorstand
LAG Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen NRW e.V.
Tel.
0173 9713099 (Kochanek)
0157 75376280 (Hüppe)
0172 3596 399 (Baumeister)