Schulen integrationsfähig machen

Kinder toben auf der Wiese

Elternvereine legen Eckpunktepapier vor 16 Elternvereine aus NRW haben in der vergangenen Woche ein Eckpunktepapier für eine zukunftsfähige Schulpolitik vorgelegt. Mit Blick auf die Kommunalwahlen 2009 fordern sie konkrete Reformschritte auch von den Kreisen und Kommunen: »Bildungspolitik ist Ländersache. Doch gute Schulen werden vor Ort in den Kommunen und Kreisen gemacht.«

mittendrin e.V. Köln, Initiativkreis Gemeinsam leben - Gemeinsam lernen Südlohn, Elterninitiative Gemeinsamer Unterricht Bornheim, Förderverein Gesamtschule Alfter e.V., Gemeinsam leben - gemeinsam lernen Bonn e.V., Schule für alle e.V. Hennef, Familiennetzwerk Pulheim e.V., Bielefelder Initiative Eine Schule für alle, Bielefelder Eltern für Integration e.V., Gemeinsam leben - Gemeinsam lernen Aachen e.V., Arbeitskreis Integrative Schule Emsdetten, Mittendrin-Hürth e.V., VIBRA e.V. Ratingen, Landesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben - Gemeinsam lernen e.V., Regionalarbeitskreis Münsterland Gemeinsam leben - Gemeinsam lernen, Gemeinsam leben - Gemeinsam lernen Brühl e.V.

Eckpunkte für eine zukunftsfähige Schulpolitik

Schulen sind Orte der Bildung. Sie sollen nicht nur Wissen, sondern vor allem kognitive und soziale Kompetenzen vermitteln. Ihre ureigene Aufgabe ist die Bildung der Persönlichkeit. Um die beste Bildung für alle Kinder zu erreichen, darf Schule Kinder niemals demotivieren. Vorgestanzte Einheits-Lehrinhalte, Notendruck und die Praxis des Sortierens und Aussortierens von Kindern erzeugen bei vielen Kindern Lernhemmungen, Überdruss, Abwehr, Versagensängste und seelische Not. Die Schule der Zukunft setzt stattdessen auf Motivation zum Lernen und auf individuelle Förderung. Sie ist eine Schule, in der jedes Kind willkommen ist. Jedes Kind wird anhand seiner individuellen Entwicklungsmöglichkeiten gefördert und gefordert. Dafür müssen die sächlichen, finanziellen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Kein Kind wird in seinem Lernwillen gebremst. Kein Kind wird zurückgelassen. Der Erfolg der Bildungsarbeit wird am Erreichen von Kompetenzen gemessen und nicht an abfragbarem, nur für die Prüfung gelerntem Faktenwissen.

Schulen integrationsfähig machen

Zukunftsfähige Schulen sind integrationsfähig. Sie machen Schluss mit der Aufteilung in »integrationsfähige« und »nicht integrationsfähige« Kind er. Die Schule der Zukunft ist deshalb eine inklusive (alle Menschen einbeziehende) Schule. Sie setzt die Vereinbarungen der UN-Konventionen 1 um. Sie unterrichtet alle Kinder des Ortes in selbstverständlicher Gemeinsamkeit - unabhängig von sozialer Herkunft, von Behinderungen und Beeinträchtigungen oder ethnischer Herkunft. Das heißt, dass unsere Schulen?

  • alle Schüler mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten akzeptieren und individuell fördern, statt sie nach vermeintlicher Eignung und Leistungsfähigkeit zu sortieren und auszulesen;
  • Verschiedenheit als normal annehmen, als Ausdruck von Vielfalt und Reichtum verstehen und dies zur Entwicklung sozialer Kompetenzen und für gemeinsames Lernen nutzen;
  • das Lernen als aktiven und individuellen Prozess in den Mittelpunkt stellen;
  • Ganztagsschulen sind, in der sich Schüler individuell engagieren können und die sich dem regionalen Umfeld öffnen;
  • wohnortnah sind;
  • das längere gemeinsame Lernen ermöglichen - möglichst bis zum ersten Abschluss.

Zukunftsfähige Schulpolitik in den Kreisen und Kommunen

Bildungspolitik ist Ländersache. Doch gute Schulen werden vor Ort in den Kommunen und Kreisen gemacht. Bereits jetzt eröffnen die bestehenden Gesetze den zuständigen Schulträgern viele Möglichkeiten, ihre Schullandschaft zukunftsfähig zu machen. Dabei wissen wir, dass die Ausgangslagen in den Kommunen und Landkreisen unterschiedlich sind und darum verschiedene Wege gefunden werden müssen. Sicher werden sich auch unsere Vorstellungen von der künftigen Schule im Laufe der Zeit aufgrund neuer Erfahrungen weiterentwickeln. Doch den Beginn einer umfassenden Bildungsreform - den brauchen wir jetzt. Wir fordern daher die Kommunen und Kreise auf,

  • jedem Kind, dessen Eltern die Integration in die Regelschule wünschen, einen Platz einzuräumen;
  • den barrierefreien Gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen an (möglichst) allen allgemeinen Schulen aus- und aufzubauen;
  • die dafür notwendigen sächlichen, finanziellen und personellen Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Förderung eines jeden Kindes zu schaffen;
  • die Schulen durch die freie Jugendhilfe zu unterstützen und in den Schulen Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Schulpsychologen einzustellen; den Lehrern Freiraum zur Fortbildung und gezielte Fortbildungsmöglichkeiten zu bieten, damit sie ihre Kenntnisse in moderner binnendifferenzierender Pädagogik ausbauen können;
  • die Eltern über die qualitativen Vorteile des Gemeinsamen Unterrichts für alle Kinder aktiv und gezielt zu informieren;
  • allen Kindern, die bereits am Gemeinsamen Unterricht teilnehmen, zukünftig einen Platz im Gemeinsamen Unterricht einer weiterführenden Schule anzubieten;
  • auf die Ausweitung der Plätze an Förderschulen zu verzichten und die Ressourcen der Förderschulen zugunsten einer integrativen Beschulung zu nutzen. Insbesondere Schulen für Lernbehinderte sollen schnell der Vergangenheit angehören;
  • einen Integrationsplan auszuarbeiten, der die weitere Entwicklung zur schulischen Inklusion vorbereitet. Dessen Ziel soll eine kontinuierliche Steigerung der Integrationsquote an den allgemeinen Schulen bis zum Jahr 2015 zumindest auf europäisches Niveau (mehr als 70 %) sein - bei hoher Unterrichtsqualität und individueller Förderung aller Schülerinnen und Schüler.
  1. UN-Weltaktionsprogramm für behinderte Menschen von 1983, Art. 120
    UN-Konvention über die Rechte des Kindes von 1989
    UNESCO Salamanca-Statement und der Aktionsrahmen von 1994
    UN-Behindertenrechtskonvention von 2006, Art. 24